Der heutige Tag beginnt mit einer Hiobsbotschaft, Andre hat wegen eines Infekts die halbe Nacht auf dem Klo verbracht und ist körperlich nicht in der Lage, die Strecke von Grosio nach Pezzo zu fahren. Auf dem Plan stehen eigentlich nur 49,3km und 1980hm.
Dieses „nur“ löst ein Grummeln in Andres Bauch aus. An Essen ist so nicht zu denken und Christoph muss allein zum Frühstück. Die Besitzerin des Garni de Corti unterstützt uns bei der Suche nach einem Bustransfer nach Pezzo. Irgendwie muss es ja schließlich weitergehen. Am Gardasee warten bereits unsere Familien auf uns.
An dieser Stelle einen Dank an die wundervollsten Ehefrauen der Welt, die mit insgesamt 7 Kindern dieses Projekt so unterstützen.
Christoph fährt also heute allein und Andre kuriert sich noch bis 11 Uhr in unserem Zimmer aus, bevor um 12:40 Uhr der Bustransfer starten kann.
Somit eröffnen sich für unsere 6. Etappe zwei Handlungsstränge.

Gegen 7:45 Uhr startet Christoph allein Richtung Pezzo. Die Strecke macht einen guten Eindruck, überall auf der Straße hat bereits jemand Namen auf den Teer geschrieben. Christophs fehlt jedoch. Es sind nur 14km Anstieg zum Glück, dabei legt er 1270hm zurück.
Unterbrochen werden die Gedanken an Andre nur von den vorbeiziehenden Rennradfahrern. Verdammt langsam kommt man sich im Vergleich mit diesen 55 kg schweren Archetypen, auf ihren ultraleichten Rennrädern, ohne Gepäck vor…
Um 11:27 erreicht Christoph den Gipfel.

Zu der Zeit hat sich Andre auf den Weg nach Tirano zur Busstation gemacht. Ein Radweg führt durchs Tal, aber auf den 11 Kilometern muss er mehrmals Pause machen.

Bei Christoph ist es wieder an der Zeit Boden bzw. Strecke gut zu machen. Es geht talabwärts.
An einem schönen See gönnt man sich eine Pause.
Die Sonne brennt, es ist schier unerträglich heiß.

Was macht eigentlich Andre?
(Es ist 11:50Uhr)
Der sitzt an der Busstation und muss feststellen, dass die nett gemeinten Tipps der Hotelbesitzerin so nicht funktionieren. Der Ort Aprica ist zwar generell die richtige Richtung, von dort wären es aber noch etwa 40 Kilometer zu fahren. Keine Option am heutigen Tag. Der Mann am Ticketschalter versteht Andre jedoch nicht, auch die anderen Busfahrer können nicht weiterhelfen. Gott sei Dank spricht der Fahrer des Busses, der nach Aprica fährt, jedoch fließend Englisch. Von Aprica aus führt eine Straße hinab nach Edolo. Dort gäbe es ein anderes Busunternehmen, welches dann weiter nach Ponte die Legno fährt.
Weiter geht die Reise für Christoph. Endlich kann er die Teerstraße hinter sich lassen, hier geht’s rechts ins Tal. Wo ist eigentlich der Weg?

Christoph’s Abfahrt geht über eine stark gerölligen Weg, wenn er zu mutig ins Tal fährt, kann Ihm heute keiner helfen.
Also ist Vorsicht angesagt!
In der Gemeinde Monno ist die Welt augenscheinlich noch in Ordnung. Ein kleines Bergdorf mit weniger als 600 Einwohnern und keiner Einkehrmöglichkeit.

Die restliche Abfahrt findet wieder auf Teer statt. Die Serpentinen schlängeln sich weiter runter bis Christoph nach rund 29km den Fluss Oglio erreicht. Der Oglio begleitet nun die Route für die nächsten 12 Kilometer, der wunderbare Radweg führt entlang dieses Stromes.
Andre hat sich zwischenzeitlich an die Abfahrt gemacht. Am Ende sind es insgesamt dann doch 28 Kilometer Strecke. Die lachhaften 200 Höhenmeter waren aber nur unter größter Anstrengung zu schaffen. Hätte Andre geahnt, dass in Edolo seine Reise noch lange nicht vorbei ist…
Ein Highlight ist die Hausherrin des Residence Hotel Raggio de Luce. Sie spricht perfekt deutsch und fragt Christoph direkt, ob er auch auf der Albrecht Route unterwegs sei. Klar, das „da Giusy“, sagt Sie, die Besitzerin kocht heute Abend für euch. Man scheint sich zu kennen untereinander.
Man plaudert noch ein wenig über die Hitze und trinkt ein alkoholfreies Weizen. Danke für die nette Gesellschaft.
Jetzt aber weiter mit dem letzten Anstieg:
Man kann das Dorf schon sehen, es ist jedoch, was die Höhe angeht, noch weit entfernt.
Interessant wie jemand auf die Idee kommt so ein kleines Dorf mitten in den Berg zu bauen. Alles ist sehr steil, die Gassen sind eng, mit den Familien-Bussen wäre man hier chancenlos.
Zufrieden kommt Christoph an, während Andre weiterhin auf Odysee ist. Nicht jeder Bus nimmt Fahrräder mit und der nächste mit Fahrradanhänger kommt in etwas mehr als einer Stunde. In einem Supermarkt gibt es eine reichhaltige Früchteauswahl und ein Pfirsich soll den Magen wieder an feste Nahrung gewöhnen.

Der Bus fährt jedoch nur bis Ponte di Legno. Der Aufstieg nach Pezzo klappt heute nicht. Christoph kümmert sich um ein Taxi für Andre. Beim Umladen vom Fahrradanhänger auf den Träger des Taxis bemerkt Andre große Kratzer am Rahmen. Der springende Anhänger ist wohl nicht das beste Transportmittel.
Um kurz vor 17 Uhr endet dann auch endlich Andres Weltreise. Hoffen wir, dass beide sich morgen wieder gemeinsam auf den Weg machen können.