76,75 Kilometer – 10:06 Stunden (inklusive Pausen) – 1811 Höhenmeter

Gestern Abend waren wir nach einer wirklich guten Pizza noch auf dem Weg in den Supermarkt, der aber um 19 Uhr bereits geschlossen war. Also sind wir zum etwa 1 Kilometer entfernten Hofer gelaufen. Laufen ist ja für uns ein Klacks, müsst ihr wissen. 

Dort hatte man das Artikelrepertoire angesichts des Festivals wohlweislich angepasst. Palettenweise Dosenbier blockierte die Gänge und wurde von den Käufern bereits im Laden in Bollerwagen verladen. Gut, dass wir beim Kauf des Sixpack Wasser nicht nach dem Personalausweis gefragt wurden. Christophs ist nämlich noch im Portmonee seiner Frau.
Am heutigen Morgen sind unsere Klamotten leider nicht getrocknet. Wir verpacken die Sachen in eine Tüte und nutzen den zweiten Satz. Nur unser Trikot können wir anziehen. 

Diesmal haben wir Frühstück gebucht. Die Besitzerin kommt um 7, wir können uns aber am Kühlschrank bedienen. So geht es um viertel nach 7 los zu unserer längsten Etappe, die auch unsere bisher anstrengendste sein wird.
Da wir davon ausgehen, dass wir unterwegs kein Wasser nachladen können, nimmt auch Andre zusätzlich zu den beiden Trinkflaschen seine Trinkblase mit. 3 zusätzliche Kilogramm auf dem Rücken machen sich bemerkbar. 

Wir verlassen Tolmin über den Radweg, auf dem wir auch gekommen sind. Auf dem Festivalgelände herrscht Stille, immer wieder sieht man aber vereinzelte Gäste, die scheinbar immer noch unterwegs sind. 

Die Soča bringt uns aus seinem Tal heraus und die ersten 18 Kilometer unserer Strecke führen über Radwege und Straßen. Auf den letzten 4 Kilometern vor unserem ersten Anstieg bläst uns auf der Landstraße ein kräftiger Wind entgegen, so dass sich dieser Abschnitt zieht. 

Dann geht’s los: 670 Höhenmeter verteilt auf 6 Kilometer. Unser erster Anstieg am heutigen Tag startet auf einer Teerstraße, schonmal gut, bedenkt man was uns heute planmäßig noch bevorsteht. 

Schon merkwürdig, dort sind aber keine Menschen. 

In einer Kurve machen wir Pause. Andre ist sich sicher, dass unten am Berg irgendwas von -gesperrt- gestanden hat. Christoph hat wie immer sowas nicht gesehen und strotzt nur so vor Optimismus. Gefühlt aus dem Nichts fährt ein Auto den Berg von oben herab. Die beiden Männer halten an und Andre fragt, ob der Weg frei ist. Der Weg ist frei und wir sind fast oben angekommen, lautet die Antwort. 

Plötzlich donnert es gewaltig! Dabei war doch Regen erst am Nachmittag gemeldet. Andre und Christoph suchen Schutz unter einem großen Felsen. Zwangspause, mit Regen und Donner in den Bergen ist nicht zu spaßen. 15 Minuten später setzen wir die Reise fort. Nur um nach der nächsten Kurve einen Tunnel zu finden, hier hätten wir ja im Trockenen stehen können…

Wir erreichen den Wendepunkt der Straße und dort steht erneut ein Hinweisschild, in 500 Meter sei wirklich Schluss. Unser Weg führt aber nun sowieso in den Wald hinein und weiter den Berg hinauf. Über holprige Wege geht es wieder abwärts, wobei Andre feststellt, dass seine Bremsbeläge durch sind und auf jeden Fall heute Abend getauscht werden müssen. 
Im nächsten Dorf geht es hinauf auf einen Höhenweg, der parallel oberhalb der Straße verläuft. Der Weg ist dicht bewachsen, so dass man nicht erkennen kann, ob sich im Gras vielleicht irgendwo ein großer Stein verbirgt, der sich von der Felswand gelöst hat. Wir widmen der Fahrt also unsere volle Konzentration, während immer wieder Dornenbüsche an unseren Trikots und Socken reißen. Genau deswegen fahren wir lieber langärmelig. Wir kommen auf dem Untergrund nur schwer voran und die gerade mal 80 Höhenmeter Unterschied kosten uns sehr viel Kraft. Der Duft von Lavendel mischt sich mit dem Geruch frischer Minze. 

Der Höhenweg endet und führt uns zurück auf die Landstraße, um wenige hundert Meter später auf der anderen Straßenseite den nächsten Anstieg zu starten. Erneut erschwert loser und grober Untergrund unser Vorankommen. Der 3. Energieriegel des Tages gibt uns nochmals Kraft. Hinter einer Kurve taucht ein Holzstapel mit einem großen Forst-LKW auf. Erinnerungen werden wach. Diesmal können wir uns jedoch unterhalb des LKW entlang hangeln und kommen vorbei. Ein langes Drahtseil, an dem eine Winde hängt, führt vom LKW weit den Hang hinauf. Der Hang scheint von Sturmschäden bereinigt zu werden.

Überhaupt ist Slowenien ein sehr waldreiches Land, zumindest in dem nördlichen Teil, den wir bisher gesehen haben. Wir haben freien Blick durch das Tal bis zu dem Dorf, wo wir vorhin waren. Und auch der Höhenweg ist auf der gegenüberliegenden Seite gut erkennbar. 

Wir zählen die Höhenmeter bis zu der Stelle, an der wir ein Dorf erwarten. Unsere 4 Liter Wasser sind mittlerweile aufgebraucht und in dem Dorf wollen wir fragen, ob wir unsere Flaschen auffüllen können. Christoph sieht auf der Karte sogar eine Gaststätte. Hoffnungsvoll biegen wir ab zum Gasthof „Winkler“, doch dort ist weit und breit niemand zu sehen. Es wäre ja auch zu schön gewesen. Aber es gibt noch einen zweiten Gastronom im Ort. Das erste Mal auf unserer Tour und dann gleich 2 Lokale, unglaublich. Dort bekommen wir ein alkoholfreies Union Radler Lemon. Bei Christoph muss man immer aufpassen, dass ihm das Glas nicht mit in den Hals fällt. Schnell bestellt er sich noch ein zweites Getränk und dazu die hausgemachten Gnocchi, Andre wählt die Ravioli. Das Hausgemachte schmeckt man und ist eine willkommene Abwechslung zu den Riegeln. Die freundliche Bedienung füllt unsere Wasserflaschen auf und wir setzen unsere Fahrt fort. Wir haben noch über 30 Kilometer vor uns und es ist schon fast 15 Uhr. 

Zunächst geht es weiter hinauf über eine neue Landstraße, auf der jedoch heute kaum Autos unterwegs sind. Als wir in den Wald abbiegen sollen, entscheiden wir uns, weiter auf der Landstraße zu fahren. Das ändert zwar nichts an der Streckenlänge und den Höhenmetern, aber für heute haben wir genug von Böden, die an unseren Stollenreifen festhalten. Es geht abwärts und wir genießen, dass wir zum ersten Mal über mehrere Kilometer hinweg einfach laufen lassen können. Bis zu dem Punkt, an dem wir die Straße verlassen. Diese ist übrigens nass, hier muss es kurz zuvor geregnet haben, wovor wir jedoch verschont geblieben sind.

Der vor uns liegende Trail ins Tal überfordert uns. Geübte Downhiller mögen hier auf verblockten Wegen mit ausgewaschenen Rinnen und losen Steinen ihr Paradies finden, wir können aber nur abschnittsweise fahren. Und auch hier zerkratzen uns die Dornensträucher die Beine und Arme. Wir sind froh, als wir nach 2 Kilometern wieder die Straße unter uns haben, die wir weiter hinab fahren. Die verbleibende Bremswirkung bei Andres Fahrrad steht dabei in keinem guten Verhältnis zur Straßenneigung.

Vor uns eröffnet sich das Vipava-Tal, dessen gleichnamiger Ort unser heutiges Ziel ist. Hier wird Wein angebaut und die Zikaden begrüßen uns lautstark. Wir bewegen uns gen Süden, was sich auch an den Temperaturen bemerkbar macht. 

Die letzten 7 Kilometer durchs Tal beginnen. Christophs Navi ist bereits im Stromsparmodus und zeigt nur noch zeitverzögert Abzweige an, was er durch ein lautes Fluchen quittiert. Es ist an der Zeit, dass unsere Etappe zu Ende ist. 

Und das ist sie dann auch um kurz nach 18 Uhr. Wir tragen unsere Fahrräder hinauf in den zweiten Stock in unser Zimmer, da es keine Garage oder einen Fahrradkeller gibt. 

Nach einem kleinen Abendessen im wirklich hübschen Ort Vipava steht nun noch der Bremsbeläge-Wechsel an, bevor dann auch schon der 4. Tag vorbei ist. 

Ein Gedanke zu „Tag 4 – Bär(g)fest“
  1. Es macht mir viel Freude und Spaß, die Tour so zu begleiten.
    Wirklich gut beschrieben, was ihr so erlebt.
    Ich hoffe, dass Ihr euch so auf die nächsten Tage freut wie ich sie lesen darf.
    Bleibt unfallfrei.

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