69,78 Kilometer – 8:35 Stunden (inklusive Pausen) – 1527 Höhenmeter
Nach dem entspannten gestrigen Tag liegt nun eine etwas schwerere Etappe vor uns. Unser Wecker vibriert um 6 Uhr, so dass unsere Familien noch schlafen, als wir um 7 Uhr starten. Wir fahren hinauf in den Ortskern von Bled und die Straße hinunter zum See.

Nachdem wir Bled verlassen haben, kommen wir sehr schnell auf einen Fahrradweg. Dieser scheint ganz neu zu sein und führt an einem Fluss entlang. Als die neue Teerdecke unterbrochen wird und auf Kies nah an den Fluss heranführt, denkt man mittlerweile automatisch, dass hier jeden Moment der Weg wieder zu Ende ist. Aber wir gelangen zurück auf den Radweg, der uns bis zum Beginn unserer Steigung bringen wird. Radwege können die Slowenen, sagt Andre.

Am Rand liegt ein toter Maulwurf auf dem Rücken. Den hat bestimmt ein Bär gerissen. Der Zaun ist beschädigt, vermutlich durch den kräftigen Handkantenschlag eines Bären zerlegt. Und die platte Kröte ein paar Kilometer später wurde garantiert von einer Bärenpranke erschlagen.
Nach etwa 25 Kilometern erreichen wir Bohinjska Bistrica, wo wir uns im Mercator mit einem kleinen Frühstück und Wasser eindecken. Im Park beobachten wir den Gärtner, der sich mit einem Gipsarm liebevoll um die Pflanzen kümmert und stärken uns. Der Anstieg beginnt und endet alsbald auch schon wieder.

Unser Navi weist den Weg um eine Kurve herum und wir kommen auf einen Hof, wo uns eine Frau freundlich mit „No Trail“ begrüßt. Wo wir denn hinwollen. Als wir „Tolmin“ sagen, saugen die Bewohner hörbar Luft ein. Der ältere Herr erklärt uns, übrigens in fließendem Englisch, dass wir am besten zurück in den Ort fahren und von dort über die Straße weiter. Wir erklären, dass wir gerade wegen der Berge hier sind. Die Frau mit dem Baby auf dem Arm scheint das nachvollziehen zu können und nennt uns einen Wanderweg, auf dem wir weiter kommen. Hier habe man einen Zaun aufgestellt. Christoph schaut sie an und fragt, ob sie für uns nicht doch den Zaun aufmachen könne. Aber sie macht deutlich, dass dahinter einfach kein Weg mehr weiter geht.
Christoph erinnert sich an die Szene aus Herr der Ringe – die Gefährten, als Gandalf den Balrog nicht über die Brücke lassen will: Du kommst hier nicht vorbei…

Also fahren wir wieder ein Stück zurück und damit beginnt eine weitere Wanderung auf unserer Tour. Man sollte sich merken, dass die Slowenen einen Wanderweg immer dann als solchen markieren, wenn er ausschließlich als Wanderweg genutzt werden kann. Es geht steil und steinig nach oben. Wir gelangen auf unseren ursprünglich geplanten Weg, was aber nichts an der Fahrbarkeit ändert. Wir schieben weiter.
Irgendwann verläuft der Weg parallel zu den Höhenlinien und wir steigen auf die Räder, um nach der nächsten Kurve wieder – ihr ahnt es eventuell – zu schieben.

Einen Moment lang können wir nochmals etwas Strecke machen. Als das Navi „auf den Wanderweg“ anzeigt, schwant uns, was kommt. Die letzten 500 Meter führen nochmals steil und steinig hinauf. Die Räder heben wir über die Absätze und sind froh, als wir definitiv die Bergkuppe erreicht haben. Das bewölkte Wetter mit etwa 22 Grad kam uns dabei sehr entgegen.

30 der insgesamt 67 Kilometer liegen nun hinter uns. Andre hofft, dass jetzt mal wieder ein Abschnitt kommt, auf dem wir Strecke machen können. Also halten wir uns auch nicht lange auf. Nachdem die Flaschen aufgefüllt sind, starten wir in die Abfahrt, um dann festzustellen, dass auch diese mit einem Wanderweg beginnt. Und der geht steil nach unten und ist so schmal, dass oftmals kaum Platz für das Rad neben uns ist. Wir konzentrieren uns, auf dem losen Untergrund mit dem Fahrrad nicht den Abhang hinabzurutschen.

Nach etwa 20 Minuten ist der Weg dann zumindest so, dass wir ihn vorsichtig hinabfahren können. Christoph lässt Andre vorfahren und verdeckt seine Taktik mit dem Argument „Du fährst vorsichtiger als ich. Dann werde ich nicht so übermütig“. Vielleicht nennt man das auch Kanonenfutter? Die tägliche Dosis Adrenalin wäre damit dann auch erreicht.

Aber immerhin können wir nun tatsächlich wieder Strecke machen. Am Fuß des Bergs kommen wir an einem Mercator vorbei und nutzen die Bestuhlung des benachbarten, geschlossenen Eiscafés für eine Pause.

Dort sitzen bereits 3 Rennradfahrer und es stellt sich heraus, dass sie bisher die gleichen Etappenziele wie wir gefahren sind, natürlich über Rennradtaugliche Wege. Man wünscht gute Weiterfahrt und wir verlieren weiter an Höhenmetern.
Die Temperaturen auf der anderen Seite des Bergs sind ganz anders. Hier ist es heiß und in der prallen Sonne schwitzen wir. Christoph kann durch Druck auf seinen Helm Wasser laufen lassen.

Als wir die Hauptstraße verlassen, geht es noch einmal hinauf in ein bergiges Gelände mit kleinen Bergdörfern. Bei der Abfahrt öffnet sich der Blick ins Tal auf die Soča, den vermutlich bekanntesten Fluss von Slowenien.

Schnell sehen wir auch schon die ersten Kajaks. Und hören ohrenbetäubenden Lärm vom Ufer der Soča. Christoph ist sich sicher, dass dort ein Konzert sein muss. Tolmin wird in den kommenden 5 Tagen zum Mekka des Heavy Metal.
In der Unterkunft angekommen müssen wir noch bis 17 Uhr auf die Besitzerin warten. Auch hier übernachtet eine Gruppe Festival-Besucher, mit denen wir ins Gespräch kommen. Trotzdem entscheiden wir uns, unsere Tour morgen fortzusetzen und nicht auf das Festival zu gehen. Auch wenn wir mit unseren Kopftüchern ja richtig wild aussehen…