Unser Wecker klingelt um 7 und um 8 Uhr wollen wir abfahrbereit sein. Heute Morgen ist es frisch draußen, aber der blaue Himmel spricht wieder für ein vorsichtiges Konjunktiv-Schön. Nach einem kurzen Frühstück starten wir die Tour mit einem Abstecher zum Bäcker, wo wir noch etwas Proviant für den Tag einkaufen.

Wir verlassen Bad Zwesten und fahren durch die ersten Wälder hinauf auf eine Anhöhe. Auf dem Aussichtsturm genießen wir den Rundumblick, unser erstes Highlight nach 8 Kilometern. Christoph hat am Abend noch Pedale und Sattel getauscht und er möchte natürlich möglichst wenig Antrieb in Anspruch nehmen. An den steileren Abschnitten hört man dann aber doch kurzzeitig das Surren des Motors, 25 Kilogramm Radgewicht sind einfach anderes als sonst.

Plötzlich stehen wir an einem Abgrund und vor uns erstreckt sich im Tal eine Art Schlucht, die dicht bewaldet ist. Für uns geht es auf einem schmalen Wanderweg in Serpentinen bis zum Fuße und durch dieses wirklich schöne Tal hindurch. Auf der anderen Seite heißt es für uns aber auch natürlich, den Anstieg wieder hinauf zu fahren. Am Ende des Anstiegs machen wir unsere erste größere Pause. Andre gratuliert seinem Patenkind per Videoanruf zum Geburtstag, 5G im Kiefernwald sei Dank.

Obwohl es heute Morgen kühl war, steigt die Temperatur recht schnell an. Vor allem bei der Fahrt auf den Wegen zwischen den Feldern ohne jeglichen Schatten sind wir froh, wenn wir wieder in den Wald eintauchen können. Trotzdem sind auch hier die Aussichten wirklich traumhaft.

Wir kommen im Wald erneut an einer Schutzhütte vorbei und legen spontan nochmals eine Pause ein. Außer den Geräuschen der Tiere ist hier nichts zu hören. Unsere Begegnungen mit Menschen halten sich bisher in Grenzen. Das soll sich jedoch noch ändern.

Es beginnt ein längerer Abschnitt durch den Kellerwald. Christoph erkennt die Umgebung wieder, 2021 sind wir hier schon mal hindurch gefahren. Damals waren vorher durch einen Sturm viele Bäume umgefallen, so dass wir einige Male klettern mussten. In einige Bäume wurden Lücken gesägt, so dass man nun vorbei kommt, andere konnten wir aber auch diesmal nur passieren, indem wir die Fahrräder darüber hoben.

Und dann nähern wir uns unserem Etappenziel: Dem Edersee. Eigentlich verbindet Andre eher gemischte Gefühle mit diesem Ort. Auch 2021 waren wir hier, Christoph hatte jedoch bei der Planung nicht gesehen, dass die geplante Route eine Fährverbindung enthielt. Wie dumm, dass es diese Fähre nicht mehr gab, und wir die Route ca. 20 Kilometer verlängern mussten, um den See letztlich vollständig zu umrunden. Andre hatte Christoph daraufhin „Komoot-Verbot“ erteilt, aber die grandios geplanten Touren der Vergangenheit entschädigten und Christoph ist bis heute unser Chef-Planer.

Auf den ersten 32 Kilometern lief alles nach Plan. Sollte das auch so bleiben?

Wir erreichen die Staumauer des Edersees und schlängeln uns durch Menschenmengen. Uns ist das eindeutig zu viel Trubel. Andre kauft an einem Kiosk 2 Flaschen Wasser für schlappe 7 Euro ein, immerhin sind ja 50 Cent Pfand drauf.

Der Platz für unser Mittagessen liegt etwas oberhalb im Wald. Dort wird sicherlich weniger los sein. Für den Einstieg in den Wald müssen wir zunächst an der Straße entlang. Selbstverständlich geht es hier noch einmal abwärts, damit wir auf dem Waldweg ordentlich Steigung überwinden müssen. Wenigstens ist es schattig.

An dem Aussichtspunkt dann die Ernüchterung: Auch hier stehen viele Menschen, Mittagessen ist somit keine Option. Wir schießen schnell ein Foto und fahren weiter.

Kurze Zeit später erreichen wir dann eine einsame Bank. Wir haben extra den Gasgrill eingepackt und freuen uns auf Würstchen und Brötchen. Mehrere Wandergruppen kommen vorbei und halten wegen des leckeren Geruchs an. „Würstchen im Brötchen 6 Euro“ wäre vermutlich kein Problem, aber unsere Essensvorräte sind nunmal begrenzt. Einige machen Fotos vom Grill und schwärmen bereits, dass das doch auch etwas für ihren nächsten Urlaub wäre.

Frisch gestärkt machen wir uns wieder auf den Weg, nachdem der Grill abgekühlt ist. Noch 28 Kilometer liegen vor uns.

Vor einem der nächsten Anstiege stoppen wir nochmal an einem Rastplatz. Andre entdeckt ein Tret-Becken, welches die Beine erfrischt. Und tatsächlich lässt sich der kommende Berg einfacher erarbeiten.

Wir machen einen Abstecher zu einem weiteren Punkt, den wir 2021 bereits besucht haben: Die Bilsteinklippen. Die Tour nähert sich dem Ende und wir genießen nochmals den malerischen Ausblick ins Tal.

Ein Bauer wendet das Heu. „Wenn der Heu wendet, gibt es heute keinen Regen mehr“, meint Andre zu erkennen. 10 Minuten später erreichen wir Bad Wildungen und es beginnt zu regnen. Es bleibt aber bei wenigen Tropfen, mehr kommt heute nicht mehr vom Himmel.

Nach Bad Wildungen liegt noch ein letzter Anstieg vor uns und auf der anderen Seite geht es durch den Wald hinab. Hier sind die Wege so matschig, dass wir uns auf den letzten Kilometern ordentlich einsauen.

Glücklich und zufrieden erreichen wir nach 66 Kilometern und 1400 Höhenmetern unseren Campinglatz. Und auf die Frage: „Läuft denn nichts nach Plan“, können wir nur sagen: „Doch, heute lief alles nach Plan!“.

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